Social Skills sind nicht digitalisierbar

Social Skills sind nicht digitalisierbar

Last Updated on 2019-10-07
Der Finanz-Marketing Verband Österreich (FMVÖ) lud vor Kurzem zu einer Veranstaltung in das neue Headquarter der Bawag Group AG, die unter dem Titel „Relevanz der Marke – Einflussfaktoren für die Jobwahl im Vertrieb von Banken und Versicherungen“ stand. Denn der Mangel an gut qualifizierten Arbeitskräften für den Vertrieb von Finanzdienstleistern macht den Unternehmen zunehmend zu schaffen.

Die Moderation dieser sehr gut besuchten Diskussionsveranstaltung hatte Anne Aubrunner, Head of Online Retail & Markets Sales der Kommunalkredit Austria AG und Vorstandsmitglied des FMVÖ, übernommen. Der Abend diene unter anderem der Frage, ob stärkere Marken bessere Mitarbeiter bekommen.

In ihrem Impulsvortrag ging Elisabeth Overbeeke, Senior Consultant des auf Markenstrategien spezialisierten Beratungsunternehmens Brand Trust GmbH, vor allem auf die einschlägigen Verknappungstendenzen auf den Arbeitsmärkten ein. Die Nachfrage nach Hochqualifizierten werde künftig nicht im gewünschten Umfang bedient werden können. Denn die Ausgangslage habe sich deutlich verändert. Der lebenslang gleiche Arbeitsplatz werde von den Jungen nicht mehr gewollt und so komme es zu spürbar erhöhter Fluktuationsrate auf so gut wie allen Ebenen.

Vor besonderen Herausforderungen stünden in diesem Zusammenhang Banken und Versicherungen, so Overbeeke. Die Branche sei nur „durchschnittlich attraktiv“ und vor allem die Vertriebsbereiche stehen unter einem nicht unbeträchtlichen Wandlungsdruck. Wie findet man in diesem Umfeld passende Mitarbeiter?

Als „verdichteter Ausdruck der Unternehmenskultur“ müsse die jeweilige Marke starke Emotionen wecken. Dabei gehe es in erster Linie um Glaubwürdigkeit, Attraktivität des Unternehmens sowie dessen Differenzierung zu anderen Unternehmen, die sich ebenfalls auf den Arbeitsmärkten bewegten.

Entscheidend seien daher die „Wow-Faktoren“. Overbeekes Credo: „Glaubwürdige Arbeitgebermarken, die ihre Versprechen halten, ziehen passende Mitarbeiter an.“

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben der Keynote–Speakerin auch Isolde Seer (Human Ressources Business Partner der Bawag Group AG), Alexander Zeh (Senior Consultant beim Personaldienstleister und Headhunter Mercuri Urval GmbH), Michael Miskarik (Niederlassungsleiter der HDI Lebensversicherung AG) und die Masterstudentin Therese Seiringer teil.

„Social skills zählen“, betonte Michael Miskarik, der sich schon insgesamt drei Jahrzehnte beruflich in der Assekuranz bewegt. Diese Fähigkeiten und Intuitionen könne man nicht digitalisieren, deshalb brauche die Versicherungswirtschaft Personen mit ausgeprägter Kommunikationsgabe und mit dem Einfühlungsvermögen in die spezifische Interessenslage eines Kunden: „Das Fachliche kann man erlernen…“, so der Praktiker.

Overbeeke forderte in diesem Zusammenhang eine Neudefinition der Aufgabenstellungen für Vertriebsmitarbeiter. Die entscheidende Frage laute: „Was tust Du, um uns zum Erfolg zu verhelfen?“

Bereits bei der Bewerbung sei die persönliche Wertschätzung wichtig, so Isolde Seer von der BAWAG. Man müsse den Kandidaten als Person wahrnehmen und nicht erst „nach vier Runden der Vorselektion“ persönlich mit ihm in Kontakt treten.

Unternehmen sollten „aktiv in die Universitäten hineingehen“, meinte Therese Seiringer. Die Masterstudentin ließ jedoch gleichzeitig erkennen, dass die Finanzdienstleister in der gängigen Form nicht zu ihren Traumjobs zählen – das kann der Versicherungsmanager am Podium vorerst nachfühlen: Versicherungsvertriebsmitarbeiter zu werden sei für junge Menschen nur selten Berufung, beschrieb Miskarik. In den meisten Fällen würden sie „hineinstolpern“. Miskarik bedauert auch, dass zu wenig auf den Lehrberuf als Bank- oder Versicherungskaufmann gesetzt werde.

Ob ein Job in der Finanzbranche für junge, karrierebewusste Menschen überhaupt in Frage kommt? Für die Masterstudentin Seiringer könnten Spezialversicherer sehr wohl interessant sein. Und in der Finanzbranche denkt sie „eher an Bloomberg“.

Wie also kommt man zu guten Mitarbeitern? Isolde Seer hat bei der BAWAG sehr gute Erfahrungen mit Empfehlungen von eigenen Mitarbeitern gemacht: „Wir zahlen bis zu 3.000 Euro für einen geeigneten Jobwanwärter und heuer sind es bereits rund 70 an der Zahl , die wir genannt bekommen haben,“ so die Personalmanagerin.

Dass zu viele ältere Menschen derzeit unfreiwilllig in Pension gehen müssen, kritisierte aus dem Publikum Brigitta Schwarzer, Geschäftsführerin der Governance- und Complience-Plattform Inara. Miskarik musste beipflichten, denn es gebe derzeit keine nennenswerten Anreize Mitarbeiter über 50 auch einzustellen.

Quelle: www.forumf.at