Teilzeitarbeit versus Vollpension

Teilzeitarbeit versus Vollpension

Last Updated on 2023-12-07
Mag. Manfred Kainz

Zwei Phänomene belasten unsere Sozialtöpfe: Vollzeitarbeitskräftemangel und Pensionsansprüche. Der wachsende Anteil von Teilzeitarbeit (Stichwort Work-Life-Balance) kollidiert mit den starken Jahrgängen, die in Pension gehen. Daher stand die Frage „Teilzeitarbeit versus Vollpension: Wie stabil entwickelt sich unsere Pensionsversicherung?“ im Mittelpunkt einer Gesprächsrunde im Rahmen des Finanzjournalistenforum. Gesprächspartner waren Dr. Winfried Pinggera, Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt und wichtiger Experte bei der Pensionsreform 2003/2004, sowie KR Eric Samuiloff, Obmann des Wiener Fachgruppe Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer. Hier der Sukkus und einige Folgerungen:

Bedenklicher Status

  • Was die Beurteilung der langfristigen und nachhaltigen Finanzierbarkeit der Pensionen betrifft, hilft ein Vergleich: Die Beiträge der erwerbstätigen Versicherten steigen von heuer 35,7 Mrd. Euro auf 38,1 Mrd. in 2024. Die Summe der ausgezahlten Versicherungsleistungen steigt hingegen von 46,1 auf 51,4 Mrd.
  • Die Finanzierungslücke, die der Bund schließen muss, wächst von heuer 11,6 auf 14,1 Mrd. in 2024! Die Summe besteht aus dem bekannten Bundesbeitrag zu den Pensionen plus den Beiträgen für Teilversicherte (z. B. Kindererziehungszeiten) plus den Ausgleichszulagen zu den Mindestpensionen. Dazu kommen aber auch noch Bundeszuschüsse an die SVS und die Beamten. Kommt alles aus dem Bundesbudget und nicht aus dem Versicherungssystem.
  • Von den knapp 4 Mrd. Euro, um die der Bundeszuschuss in nur einem Jahr (von heuer auf 2024) anwächst, geht nur eine Mrd. aufs Konto der Pensionserhöhung. Die weiteren drei Mrd. sind dem „demografischen Effekt“ geschuldet: mehr Empfänger im Verhältnis zu Einzahlern.
  • Entscheidend für die Pensionshöhe ist letztlich die Dauer der Einzahlungen und das Verhältnis der Beitragsjahre in Vollzeit im Verhältnis zu Beitragsjahren in Teilzeit. Das hat negative Auswirkungen der Teilzeit auf die Pensionshöhe – besonders bei Frauen.
  • Das Inanspruchnehmen von Teilzeit ist bei Frauen weit größer (Teilzeitquote 50,7 Prozent vs. 12,6 Prozent bei Männern), weil sie die überwiegende „Betreuung von Angehörigen“ tragen. Aber auch als „Lifestyle“ ist Teilzeit generell bei Jungen beliebt („Ich krieg ja ohnehin keine Pension mehr“), und bei solchen, die es „sich leisten“ können (gutes Einkommen des Partners, Kapitalstock der Familie, Erbschaft…) Nicht bedenkend, was fehlende Versicherungszeiten später für die Pensionsbemessung bedeuten.
  • Dazu kommt der Gender Pay Gap, der die Einzahlungen der Frauen ebenfalls senkt (Gender Pension Gap).


Folgerungen
 

  • Wir müssen uns beim effektiven Pensionsantritt „Richtung gesetzlichem Pensionsantrittsalter bewegen“.
  • Denn die anderen Finanzierungsalternativen – Erhöhung der Pensionsbeiträge aus den Einkommen & Pensionskürzung – sind realpolitisch hochsensibel. Und Umfragen zeigen: „Länger arbeiten“ ist beliebter als „weniger Pension“.
  • Jedes Jahr, um das faktische Pensionsantrittsalter steigt, erfordert 2,7 Mrd. Euro weniger öffentliche Mittel.
  • Vertrauen ins Pensionssystem setzt voraus, dass das Versicherungsprinzip nicht aufgeweicht wird; dass also das Verhältnis zwischen „meinen“ Einzahlungen und „meinen“ Auszahlungen bestehen bleibt und nicht „verwässert“ wird, indem man z. B. Ausgleichszulagen stärker erhöht als hohe Pensionen.
  • Weiterarbeiten in der Pension (auch gegen den Fachkräftemangel) würde attraktiv, wenn man die Beitragszahlungen in dieser Zeit abschafft.
  • Die Anpassung (sukzessive Erhöhung) des Frauenpensionsantrittsalters von 2024 bis 2033 sorgt für mehr Gleichberechtigung bei der Weiterbildung, da dann Arbeitgeber auch mehr in die längere Weiterbildung älterer weiblicher Beschäftigter investieren werden. Die hört heute de facto „bei 50“ auf.
  • Die „Zukunftssicherung“ (§3 Abs.1, Zi 15 EStG), gemäß derer der Dienstgeber für Dienstnehmer eine steuerbefreite Zusatzvorsorge vornehmen können, ist seit Einführung 1999 unverändert mit nur 300 Euro jährlich begrenzt. Dies gehört dringend inflationsvalorisiert und generell erhöht, um sie attraktiv zu machen.