Thema: Der digitale Wandel geht alle an

Thema: Der digitale Wandel geht alle an

Last Updated on 2020-07-17
Werner Illsinger

Bei der Digital Society gelingt der Schulterschluss zwischen den digital natives und der älteren Generation sehr gut, sagt deren Präsident Werner Illsinger. Wo es bei der digitalen Transformation hakt und worauf vor allem Firmen achten sollten, erläutert Illsinger.

Unsere Welt ist heute so digital, dass es für wirklich jedermann notwendig ist, am Ball zu bleiben. Corona hat hier nochmals einen Quantensprung gebracht: Viele Menschen wechselten vom Büro ins Homeoffice, zahlreiche Händler waren wegen des Lockdowns gezwungen, einen Online-Vertrieb aus dem Boden zu stampfen und statt Schulunterreicht war für die Kinder Homeschooling angesagt. Die Digital Society, Österreichs führende NGO zum Thema Digitalisierung, will Menschen und Organisationen dabei unterstützen, die digitale Transformation positiv zu gestalten und zu nutzen. Dabei agiert sie sehr vielseitig. „Unsere Zielgruppe sind nicht nur IT-affine Personen, wir bemühen uns auch um HR-Verantwortliche, Führungskräfte, Aufsichtsräte etc. und entwickeln für sie entsprechende Veranstaltungen,“ erläutert Werner Illsinger.

Auch Private sollten heute à jour sein

Man wolle aber auch die Zivilgesellschaft, also Bürger und Bürgerinnen, ansprechen und zur Mitgliedschaft einladen. „Denn die Digitalisierung hat längst alle Lebensbereiche erfasst. Sie bringt Herausforderungen für Private wie für Unternehmen Und darum ist es für jeden wichtig, sich bei diesem Thema à jour zu halten,“ so Illsinger, der früher u. a. bei Raiffeisen Informatik und Microsoft tätig war und sich bereits seit den 1980er-Jahren mit dem Digital-Thema in all seinen Facetten beschäftigt.

Die Digital Society ist ein gemeinnütziger Verein, der sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. Er wurde im Jahr 2015 gegründet, begeht also heuer sein Fünf-Jahres-Jubiläum, und hat derzeit ca. 700 Mitglieder. Es gibt sowohl Einzelmitgliedschaften für Privatpersonen bzw. Berufstätige als auch Firmenmitgliedschaften mit diversen Angeboten je nach Unternehmensgröße. Unternehmen wird auch Beratung und Begleitung durch die Digital Society Consulting angeboten. Seit 2016 hat der Verein ein Clublokal am Graben in der Wiener Innenstadt, das auch als Eventlocation dient.

Neben Veranstaltungen und einem regelmäßig erscheinenden Newsletter setzt man auf Bewusstseinsbildung zu Themen der digitalen Transformation, weiters die Interessensvertretung der Mitglieder gegenüber Politik, Normung und Anbietern, die Erarbeitung von Themenpapieren sowie Forschung und Erstellung von Studien durch das Digital Society Institute.

Reges Interesse an Vorträgen und Diskussionen

Die Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen der Digital Society – die natürlich wegen Corona heuer kurzfristig ins Netz ausweichen mussten – sind laut Illsinger in aller Regel sehr gut besucht. Bei den Podiumsdiskussionen wird eifrig diskutiert, auch im Vorfeld und beim Smalltalk nach der eigentlichen Veranstaltung. Der Schulterschluss zwischen den Generationen gelingt dabei sehr gut. „Die Digisociety ist ein gutes Beispiel dafür, dass Jung und Alt friedlich koexistieren und auch voneinander profitieren,“ betont Illsinger. Offenbar gestehen die Älteren den Jungen beim Thema Digitalisierung eher Kompetenzen zu als anderswo. Und im Gegenzug fühlen sich die Jungen dadurch wertgeschätzt und treten deshalb den Oldies nicht überheblich, sondern geduldig gegenüber.

Positiv sei auch, dass IT-ler nicht um den heißen Brei herumreden, ihre Sprache vielmehr knapp, präzise und verständlich ist. Auch das macht die Kommunikationen der Generationen untereinander entspannter als in anderen Bereichen. Wenn aber die Kooperation und das gegenseitige Verständnis beim Thema Digitales gelingt, wo die Jungen ja wirklich völlig anders ticken als die ältere Generation, sollte das auch in anderen Bereichen gut funktionieren, meint Illsinger.

Wichtig ist es laut Illsinger, bei den Veranstaltungen eine auch für den Otto Normalverbraucher verständliche Sprache zu verwenden. „Wir bemühen uns, theoretisches Wissen und praktisches Anwenderwissen zu kombinieren. Und das schaffen wir laut Aussage unserer Teilnehmer sehr gut,“ betont er.

Ein überaus erfolgreiches Veranstaltungsformat sind die Digitalks, die es seit 2016 gibt und die monatlich stattfinden. Dabei wird an drei aufeinanderfolgenden Abenden jeweils ein Thema intensiv beleuchtet, bei dem es um die gesellschaftlichen Auswirkungen der digitalen Transformation geht. Zuletzt standen etwa Künstliche Intelligenz oder das Internet of Things auf der Agenda. Die Digitalks stehen für Interessierte auch zum Nachsehen auf YouTube zur Verfügung.

Für Firmen wird ein Quick Check Digitale Transformation angeboten und zwar kostenlos. In bloß 20 Minuten erfährt der Eigentümer oder Geschäftsführer, wie gut „sein“ Unternehmen auf die Zukunft vorbereitet ist und wo es Handlungsbedarf gibt.

Unternehmen haben viel Aufholbedarf

Vor kurzem wurde von der Digisociety das Digitalisierungs-Barometer 2019 präsentiert. Teilgenommen haben insgesamt 130 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von vier Milliarden Euro, erklärt Illsinger. Die Kernaussagen: Die meisten Unternehmen halten an einer traditionellen Ausrichtung fest und wollen lediglich bestehende Prozesse weiterentwickeln und ihre IT optimieren. Bei der Digitalstrategie hapert es meist gewaltig, schwerfällige Fünf-Jahrespläne machen ein schnelles Reagieren auf Veränderungen des Marktes unmöglich. Und Kundenorientierung gilt zwar als extrem wichtig, Kundendaten werden aber zu selten mit digitalen Tools in Wissen umgewandelt, das man dann nutzen könnte. Problematisch ist auch, dass etwa die Hälfte der Mitarbeiter in den teilnehmenden Firmen Scheu vor neuen Technologien haben, auch dann, wenn diese ihnen die Arbeit erleichtern könnten. „Vorstellungen und Realität klaffen in vielen Fällen auseinander. Insgesamt gibt es hier noch viel Aufholbedarf,“ so Illsinger.

Es begann mit Edward Snowden…

Die Wurzeln der Digisociety reichen bis zu den Anfängen der Digitalisierung zurück. Illsinger war damals Schüler am TGM, der größten HTL Österreichs. Lehrer versuchten mittels eines Vereins, der heute ClubComputer heißt, über Sammelbestellungen von Personal Computern die IT-Ausstattung für den Lehrunterricht selbst zu organisieren, weil das Geld dafür fehlte. Der Verein beschäftigt sich noch heute mit Wissensvermittlung sowie dem Erfahrungsaustausch zum Thema Informationstechnologie.

Die Initialzündung für die Gründung der Digital Society waren damals Edward Snowden mit seinen Enthüllungen, erzählt Illsinger. „Da hat man gesehen, dass alle unsere Befürchtungen bezüglich staatlicher Überwachung noch weit untertrieben waren. Die Herausforderungen der digitalen Transformation lagen nicht mehr in der Vermittlung von IT-Wissen allein, sondern im Diskurs über die gesellschaftlichen Herausforderungen. Wir wollten daher gemeinsam mit Experten den Diskurs darüber starten, Nutzen sowie Herausforderungen erarbeiten und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Wir laden alle dazu ein, sich daran zu beteiligen.“


@ Andi Kunar

www.digisociety.at