19 Apr Versicherer einigen sich auf Corona-Kodex und Hilfsaktion
Last Updated on 2020-04-23
17.4.2020 – Es sind vor allem Stundungen sowie Änderungen bei Prämie, Leistungsumfang und Selbstbehalten, die die Versicherer als Reaktion auf die Corona-Krise in dem gemeinsamen Kodex als mögliche Maßnahmen anführen. Die Deckung aus BUFT und Seuchen-BU wolle man für KMUs und Einzelunternehmen je nach individuellem Fall prüfen. Im Übrigen soll es eine „freiwillige Hilfe“ geben, erwartetes Volumen: 100 Millionen Euro. Nicht zuletzt unterstreicht der VVO die Rolle der Beratung.
Der Versicherungsverband (VVO) hat am Donnerstag via Presseaussendung einen „Verhaltenskodex der österreichischen Versicherungswirtschaft in der Coronakrise“ veröffentlicht.
Die Corona-Krise stelle zahlreiche Versicherungskunden vor „neue, unerwartete Herausforderungen“, schreibt der VVO. „Wir wollen als Versicherungswirtschaft einen Beitrag leisten und den Betroffenen entgegenkommen“, sagt VVO-Präsident Kurt Svoboda.
Sollten Verbraucher oder Kleinunternehmen durch die Corona-Krise in Zahlungsprobleme oder Zahlungsverzüge geraten, werden die Versicherer ihren Kunden „in Härtefällen auf freiwilliger Basis individuell unter die Arme greifen“, ist weiter zu lesen.
Varianten für die Prämienzahlung
Dazu gehöre „die möglichst rasche Schadenabwicklung und Auszahlung von Leistungen genauso wie der individuelle, flexible und lösungsorientierte Umgang mit Prämienzahlungen“.
Hier bestehe etwa die Möglichkeit, die Prämienzahlungen vorübergehend zu stunden und so den vereinbarten Versicherungsschutz auch in dieser Phase aufrechtzuerhalten.
Eine andere Möglichkeit sei, die Prämien, damit aber auch den Versicherungsschutz zu reduzieren. Ein dauerhaftes Aussetzen der Prämienzahlung führe zum Entfall des Versicherungsschutzes.
Diese Möglichkeiten sollen bis 30. Juni 2020 gelten, können aber, abhängig von der weiteren Entwicklung der Coronakrise, auch verlängert werden, erklärt der VVO.
Möglichkeiten im Überblick, Beratung wird empfohlen
Der Text enthält weiters eine „grobe Übersicht der Möglichkeiten nach Versicherungssparten“, er ist im nachstehenden Kasten im Wortlaut wiedergegeben. „Für die individuelle Lösung wird empfohlen, den persönlichen Versicherungsberater zu kontaktieren“, fügt der Verband hinzu.
VVO zu Corona-Krise: „Grobe Übersicht der Möglichkeiten nach Versicherungssparten“ im WortlautQuelle: VVO
1. Lebensversicherung
Den KundInnen stehen je nach vertraglicher Vereinbarung folgende Möglichkeiten offen:
Bei einer Stundung kann die Zahlung für einige Monate ausgesetzt werden. Der Versicherungsschutz bleibt dabei in vollem Umfang aufrecht. Die gestundeten Versicherungsprämien können zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden.
Eine Prämienpause kann für einige Monate bis zu einem Jahr – abhängig von den jeweiligen vertraglichen Bedingungen – vereinbart werden. Die Prämien für den Zeitraum der Prämienpause müssen nach deren Ende nicht nachgezahlt werden, die vertraglichen Leistungen reduzieren sich entsprechend. Während der Prämienpause besteht eingeschränkter Versicherungsschutz im Ablebensfall und kein Versicherungsschutz aus Zusatzversicherungen.
Bei einer Prämienreduktion wird die Prämie, aber auch der Versicherungsschutz auf Dauer herabgesetzt. Eine Prämienfreistellung wird als Dauerlösung fixiert, die Leistungen sinken demgemäß.
2. Krankenversicherung
Bei einer privaten Krankenversicherung ist ein Ruhendstellen oder eine Prämienreduktion möglich. Dadurch reduziert sich der Versicherungsschutz. Die Versicherer sind bemüht, individuell Ruhendstellungen und Prämienreduktionen auch unterjährig durchzuführen. Die Versicherer raten aber davon ab, den privaten Krankenversicherungsschutz auszusetzen oder zu reduzieren, weil Leistungen im Krankheitsfall wichtig sein können.
3. Haushalts-, Eigenheim-, Rechtsschutz- und Betriebsversicherung (KMU)
Neben einer Prämienstundung kann auch eine Prämienreduktion mit verringertem Versicherungsschutz vereinbart werden. Darüber hinaus können bestimmte Zusatzbausteine ausgeschlossen oder höhere Selbstbehalte vereinbart werden.
4. KFZ-Versicherung
In der KFZ-Haftpflichtversicherung können die Prämien gestundet werden. Der Vertrag kann auch durch Hinterlegung des KFZ-Kennzeichens ruhend gestellt werden (mindestens für 45 Tage). In der KFZ-Kaskoversicherung ist eine Prämienreduktion bei geringerer Deckung durch Umstieg auf andere Produktvarianten wie etwa Teilkasko statt Vollkasko möglich. Eine Prämienreduktion mit sofortiger Wirkung ist auch durch Erhöhung des Selbstbehalts möglich.
BUFT, Seuchen-BU: Deckung „hängt von der konkreten Situation ab“
Hinsichtlich kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Einzelunternehmer schreibt der Versicherungsverband, die Covid-19-Rechtssetzung habe viele Unternehmen vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen gestellt, die Betretungsverbote seien „für viele sogar existenzgefährdend“.
„Ob die teilweise bestehenden BUFT (Betriebsunterbrechungsversicherungen für Selbständige und Freiberufler) oder Seuchen-Betriebsunterbrechungsversicherung in diesem Fall greifen, hängt von der konkreten Situation ab und wird aktuell von den Versicherungen entsprechend der individuellen Vertragslage geprüft.“
„Gemeinsame Hilfsaktion“
Zur Unterstützung der Kunden, „die über eine solche spezielle Betriebsunterbrechungsversicherung verfügen und vom Betretungsverbot gemäß Covid-19-Verordnung umfasst sind“, sei von den österreichischen Versicherern der Entschluss zu einer „gemeinsamen Hilfsaktion“ gefasst worden.
„Die umfassenden staatlichen Fördermaßnahmen wie Kurzarbeit, Corona-Hilfsfonds, Härtefallfonds, etc. können im Durchschnitt 70 Prozent der erlittenen Einbußen ausgleichen“, schickt der VVO voraus.
Und weiter: „Es ist der österreichischen Versicherungswirtschaft ein Anliegen, Betriebe und Unternehmer, die durch das verordnete Betretungsverbot betroffen sind, in dieser schwierigen Situation mit einer freiwilligen Leistung zu unterstützen. Die freiwillige Leistung soll in der Regel die Hälfte des nach Inanspruchnahme der Staatshilfe verbleibenden Ausfalls ausmachen.
Das heißt, konkret können die Begünstigten mit 15 Prozent einer Tagesentschädigung für die Dauer von maximal 30 Tagen rechnen.“
Ausgaben von rund 100 Millionen Euro erwartet
„Mit diesem umfassenden Paket – wir erwarten Ausgaben von rund 100 Millionen – wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die österreichische Wirtschaft wieder schnell zu alter Stärke zurückkehren kann“, sagt Svoboda.
Betroffenen Kunden empfiehlt der VVO, sich direkt an ihre Versicherungsbetreuer oder an ihre Versicherung zu wenden, „um ihre individuelle Situation analysieren zu können, damit anschließend rasch und unbürokratisch eine Zahlung erfolgen kann“. Einen Rechtsanspruch auf die freiwilligen Leistungen gebe es nicht, betont der VVO.