Warum Kommunikation für Aufsichtsräte wichtig ist

Warum Kommunikation für Aufsichtsräte wichtig ist

Last Updated on 2021-11-23
Dr. Christine Domforth

Professionelle Aufsichtsrats-Arbeit findet nicht im stillen Kämmerlein statt. Kommunikation ist innerhalb des Kontrollgremiums ebenso wichtig wie mit Vorstand, diversen Prüfern, Behörden und Medien. Auch große Investoren suchen zunehmend Kontakt zum Aufsichtsrat.

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Dieses Zitat von Paul Watzlawick, einem aus Österreich stammenden und später in den USA lebenden Philosophen, Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftlers, umschreibt die Tatsache, dass wir Menschen uns jederzeit im Austausch mit unseren Mitmenschen befinden. Ob wir das wollen oder nicht, spielt keine Rolle. Ohne Kommunikation können wir einander nicht verstehen, ganz wichtig ist dabei, dem anderen zuzuhören. Neben der verbalen Kommunikation – im Wirtschaftsleben erfolgt diese überwiegend in schriftlicher Form und sie kann sowohl formellen als auch informellen Charakter haben – gibt es auch diverse Formen der nonverbalen Kommunikation, deren Wirkung nicht unterschätzt werden darf. Dazu gehören u. a. der Gesichtsausdruck, die Körperhaltung, verschiedene Gesten und Berührungen sowie der Augenkontakt.

Auch soziale Kompetenz nötig

Ohne Kommunikation läuft es auch im Wirtschaftsleben nicht, sie passiert sowohl unternehmensintern als auch extern, also mit Kunden, Lieferanten, Behörden, Medien usw. Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften und GesmbHs kommunizieren beispielsweise während der AR-Sitzungen sowie davor und danach miteinander. Die Meinungsbildung innerhalb des Aufsichtsrates, der ja heute immer öfter divers besetzt wird, wodurch verschiedene Sichtweisen Einzug halten, ist eine zentrale Funktion. Die einzelnen AR-Mitglieder sollten auch abseits der Sitzungstermine grundsätzlich erreichbar sein und sich um Diskurs- und Kritikfähigkeit bemühen. Neben der fachlichen Kompetenz, die unverzichtbar ist, sollte jeder Aufsichtsrat auch über eine hohe soziale Kompetenz verfügen. Dann funktioniert die Gruppendynamik innerhalb des Gremiums am besten.

Sehr wichtig für den Unternehmensalltag ist weiters die Kommunikation zwischen dem Kontrollorgan bzw. einzelnen AR-Ausschüssen und dem Vorstand – sei es in der Rolle als Kontrollorgan oder als „Sparringpartner“ oder Feedback-Geber gegenüber der operativen Führung.

Verschiedene Adressaten

Zwischen dem Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer gibt es einen routinemäßigen Austausch, daneben kann der Kontakt auch anlassbezogen stattfinden. Schließlich ist es in Einzelfällen auch nötig, dass sich der Aufsichtsrat gegenüber den Behörden, den Medien, der Öffentlichkeit oder den Mitarbeitern zu Wort meldet.

Kommunikation dient in erster Linie dem Informationsaustausch, beispielsweise zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat eines Unternehmens. In vielen Fällen entsteht daraus eine Entscheidungsgrundlage. Es kann aber auch um den Aufbau von Vertrauen gehen, wenn etwa ein AR-Mitglied neu ins Gremium kommt, zum Kennenlernen oder um die Zusammengehörigkeit zu stärken.

Wie bei jeder Kommunikation sollten auch beim Informationsaustausch von Aufsichtsräten innerhalb des Gremiums bzw. mit Vorstand oder anderen Adressaten einige allgemein gültige Grundsätze beachtet werden. Man muss sich vergewissern, dass das Gesagte ankommt und verstanden wird, Informationen und Aussagen sind klarzustellen oder wenn nötig zurückzuholen. Welche Informationen einem Aufsichtsrat vom Vorstand zur Verfügung gestellt werden müssen und welche er sich selbst beschaffen muss – Bringschuld vs. Holdschuld – ist teilweise im Aktiengesetz bzw. im Corporate Governance Kodex geregelt, teilweise ergibt sich das aus der wirtschaftlichen Praxis. Wenn der Aufsichtsrat Anzeichen dafür wahrnimmt, dass ihm der Vorstand wichtige Informationen über das Unternehmen vorenthält – vor allem solche, die Risikosituation betreffen – dann muss er versuchen, sich diese Informationen selbst zu verschaffen.

Do’s and Dont’s

Auch bei der Kommunikation der Aufsichtsräte untereinander bzw. mit dem Vorstand oder anderen Stakeholdern sind gewisse Kriterien zu beachten: Sie soll glaubwürdig, authentisch und wenn möglich vollständig sein. Anzustreben ist immer eine Kommunikation auf Augenhöhe. Gerade, wenn einem Aufsichtsrat mehrere „Alphatiere“ angehören, was ja in der Praxis häufig vorkommt, sollte sich jeder von diesen ein wenig zurücknehmen. Die Reputation und das Ansehen des Unternehmens, für das man tätig ist, darf nie aus den Augen verloren werden. Wichtig ist es weiters, auch das Gegenüber zu Wort kommen zu lassen. Natürlich muss Diskretion garantiert sein. Für börsenotierte Unternehmen gelten hier noch strengere Bestimmungen, so drohen bei Insidervergehen auch Strafen. Wenn nötig, hat der Aufsichtsrat auch unangenehme Themen anzusprechen. Das gilt beispielsweise, wenn es um die Abberufung eines Vorstandsmitglieds oder Geschäftsführers geht.

Einige Fehler sollten unbedingt vermieden werden: Kommunikation darf nicht „hierarchisch“, also von oben herab beim Gegenüber ankommen, sie soll weder belehrend noch manipulativ sein. Indiskretionen sind ebenso zu vermeiden wie Unehrlichkeit und Unaufrichtigkeit oder nicht zuhören.

Wer spricht in Krisenfällen?

Rechtlich gesehen bewegt sich die Kommunikation von Aufsichtsräten mit der Außenwelt – seien es Investoren, Medien oder die Öffentlichkeit – in einem gewissen Graubereich. Klar geregelt ist beispielsweise seine Rolle bei der Hauptversammlung oder bei Entscheidungen über Zusammensetzung und Vergütung des Vorstands. Weniger klar ist, ob und wann sich der Aufsichtsrat, im Besonderen der AR-Vorsitzende, auch sonst zu Wort melden darf oder gar soll. Schuld in diesem schwierigen Balanceakt ist vor allem die Tatsache, dass unser duales System mit einer relativ strikten Trennung der Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat international eher unüblich ist, große institutionelle Investoren aber in bestimmten Fällen auch die Kommunikation mit dem Aufsichtsrat, meist dem Vorsitzenden, suchen.

Besonders heikel ist die Kommunikation in Krisenfällen. Dafür sollte ein Konzept parat sein, in dem auch festgelegt wird, wer dann für das Unternehmen spricht. Widersprüchliche Stellungnahmen sind natürlich zu vermeiden. Bei Gefahr im Verzug kann unter Umständen eine unabgestimmte Kommunikation – die sonst ein absolutes no go ist – notwendig werden.

IT-Sicherheit beachten

Die Zeiten, da vor Aufsichtsratssitzungen dicke Mappe mit kopierten Unterlagen von diversen Boten an die Mitglieder des Kontrollgremiums verteilt wurden, sind lang vorbei. Die Kommunikation läuft heute weitgehend elektronisch. Das ist einfacher und schneller, vor allem auch für AR-Mitglieder im Ausland, die wegen der geforderten Diversität ja immer wichtiger werden. Die Praxis zeigt, dass es besser ist, einen Datenraum für die AR-Kommunikation einzurichten als einfach E-Mails zu verschicken. Besonderes Augenmerk muss auf die IT-Sicherheit gelegt werden. Zu klären ist etwa, wer welche Zugriffsberechtigung bekommt, weiters braucht es eine Regelung, auf welchen Geräten AR-Unterlagen bearbeitet werden dürfen. Private Smartphones oder Laptops sollten dafür tabu sein, Passwörter regelmäßig gewechselt werden und verschlüsselte Kommunikation Standard sein.