Warum nicht nur die Rendite zählt

Warum nicht nur die Rendite zählt

Last Updated on 2022-01-28
Dr. Christine Domforth

Wie können Aufsichtsräte eine nachhaltige Unternehmensführung fördern und unterstützen? Das war Thema bei einem von Female Board Pool und INARA gemeinsam organisierten Netzwerk-Treffen. Es fand coronabedingt digital statt und war international besetzt.

Virtuell, aber interaktiv: So fand am 20. Jänner 2022 das jährliche Netzwerk-Treffen der Mitglieder vom International Female Board Pool (FBP) und der Governance- und Wissensplattform INARA statt. Die 44 Teilnehmerinnen der Zoom-Sitzung kamen diesmal nicht nur aus Österreich, es waren auch Damen aus Deutschland und Luxemburg dabei. Im Mittelpunkt stand das Thema Nachhaltigkeit, das in der Unternehmensführung und damit auch für Aufsichtsräte immer wichtiger wird.

Die Female Board Pool Initiative ist eine Netzwerk-Plattform, die sich für einen höheren Frauenanteil in Aufsichts- und Beiräten einsetzt. Gegründet wurde sie 2005 in der Schweiz, mittlerweile ist sie international in sechs EU-Ländern tätig, seit 2018 auch in Österreich und zwar in Zusammenarbeit mit INARA. Derzeit umfasst die Datenbank von International Female Board Pool rund 850 qualifizierte Frauen, die sich für ein Aufsichtsrat-Mandat interessieren.

Rita Knott, die Leiterin von International Female Board Pool in den EU-Ländern, begrüßte zunächst die Teilnehmerinnen und berichtete dann von den Aktivitäten. „Wir bekommen in letzter Zeit mehr Anfragen von Unternehmen. Es ist mittlerweile nicht mehr nice to have, Frauen im Aufsichtsrat zu haben, sondern eine absolute Notwendigkeit. Aber man braucht bei diesem Thema einen langen Atem,“ betonte Knott. Es folgte ein Kurzstatement von Prof. Dr. Martin Hilb, Präsident der Board Foundation und der Swiss Board School/IMP Universität St. Gallen. Er setzt sich schon seit vielen Jahren für Genderdiversität ein und war Begründer der Female Board Pool Initiative.

Ziel: Weise Entscheidungen treffen

Gabriela NguyenGroza, Gründerin und Managing Partner von Amrop Luxemburg, stellte in ihrem Vortrag ein Konzept für nachhaltige Unternehmensführung vor und präsentierte eine Studie darüber, welche Einflüssen Manager bei ihren Entscheidungen unterliegen. Ziel müsse es sein, nicht bloß nach betriebswirtschaftlichen Kriterien vorzugehen, sondern „weise“, nämlich kluge, Entscheidungen zu treffen, die auch alle Facetten von Nachhaltigkeit, also Umwelt, soziale Gerechtigkeit und gute Governance berücksichtigen. Leider passiert das noch viel zu wenig, so Nguyen-Groza. Führungskräfte treffen ihre Entscheidungen unter Stress, für Reflexion bleibt da wenig Zeit. Manager sollten auch ihre Stakeholder einbeziehen und für andere Standpunkte offen sein.

Aufsichtsräte müssen ihren Stil finden

Herzstück des Abends war die Arbeit in Kleingruppen. Geleitet wurden die Teams von sechs Damen mit umfassender Praxiserfahrung: Dr. Christine Catasta, CEO der ÖBAG und vielfache Aufsichtsrätin in börsenotierten Firmen; DI Katja Schechtner, Mobilitäts- und Urbanitätsforscherin, 2. stv. AR-Vorsitzende des Austrian Institute of Technology (AIT); KR Margarete Kriz-Zwittkovits, Vorsitzende Wirtschaftskammer Wien, Frau in der Wirtschaft Wien, AR bei ASFINAG Bau Management GmbH und viele andere Funktionen, auch in der Politik; Doris Marx, Partnerin bei European Governance Partner (EGP), einem gehobenen luxemburgischen Finanzdienstleister; Gudrun Timm, Expertin für internationale Corporate Governance, nachhaltige Geschäftsmodelle und Risikosteuerung; sowie – last, but not least – INARA-Chefin Dr. Brigitta Schwarzer, die ebenfalls seit Jahren in diversen Aufsichtsräten tätig ist.

Diskutiert wurden drei verschiedene Fallbeispiele, bei denen es um ein Umweltthema und um diffizile Entscheidungen über die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern ging. Dabei zeigte sich sehr rasch, dass die einzelnen Teilnehmerinnen – abhängig von ihrem beruflichen Background und ihrer aktuellen Tätigkeit – einen recht unterschiedlichen Zugang zu den Themen hatten und auch sehr „divers“ agierten. Man bemerkte sofort, wer dazu in der Lage war, den angesprochenen Sachverhalt auf die Meta-Ebene zu bringen. Diese Damen kamen dann rasch zum Kern der Cases. Andere äußerten sich mehr aus einer operativen Rolle heraus, sie haben dann vor lauter Bäumen den Wald nicht gesehen.

Nicht ins operative Geschäft eingreifen!

Die Arbeit an den Fallbeispielen erwies sich als gute Übung und zeigte, dass man vieles, aber eben nicht alles lernen kann. Aufsichtsrat muss man „erfahren“ und auch dabei zeigt sich, dass Übung den Meister macht. Sobald man als Aufsichtsrat seinen Stil gefunden hat, kann man das Gelernte gut anwenden. Dann füllt man seine Rolle – man hat eine Aufsichts- und Kontrollfunktion, ist Ratgeber und Sparringpartner des Vorstandes – gut aus und tappt nicht in die Falle, der bessere Vorstand sein zu wollen. Oder, wie es Hilb kurz und prägnant als Credo für jede Aufsichtsrats-Tätigkeit formuliert: „nose in, hands out“.

Bereits während des Meetings wurde im Zoom-Chatroom zwischen den Teilnehmerinnen eifrig diskutiert. Nach der Veranstaltung ging das digitale networking in kleinen Gruppen noch länger weiter.

Das nächste Female Board Pool Seminar findet am 19.01.2023 in Wien statt. Der Early Bird Tarif gilt bis 30.06.2022.
Mehr dazu / Anmeldung: www.inara.at