02 Nov Was aus dem Metaverse geworden ist
Last Updated on 2023-11-02
kurier.at / Patrick Dax, 28.10.2023
Für Meta ist die Wette auf virtuelle Welten bisher nicht aufgegangen. Experten sind für die Zukunft der Technologie dennoch zuversichtlich
Das Metaverse werde das mobile Internet ersetzen. Statt von Webseite zu Webseite zu surfen, werde man sich durch virtuelle Räume bewegen, schwärmte Mark Zuckerberg. Ende Oktober 2021 benannte der Facebook-Gründer sein Unternehmen in Meta um und malte die Zukunft der virtuellen Welt in leuchtenden Farben. Künftig werde man im Metaverse Freunde treffen, Business-Meetings abhalten und zusammenarbeiten, sagte Zuckerberg: „Statt auf einem Bildschirm zu schauen, werden Sie mittendrin im Geschehen sein.“
Zwei Jahre später ist von der Euphorie nicht mehr viel zu merken. Metas hauseigene virtuelle Welt Horizon Worlds kann kaum jemanden begeistern. Kolportiert werden lediglich rund 200.000 Nutzer. Offizielle Zahlen gibt Meta nicht bekannt. Zuletzt sollen die Nutzerzahlen aber sogar abgenommen haben. Angehäuft haben sich hingegen die Verluste. Mehr als 20 Milliarden Dollar hat der Konzern seit Anfang 2022 ins Metaverse versenkt. Zuckerberg sprach angesichts der verhaltenen Akzeptanz von einem „ernüchternden Signal“, bleibt aber zuversichtlich. Bei dem Metaverse handle es sich um eine sehr langfristige Wette auf die Zukunft, ließ er Investoren wissen.
Noch nicht in der Masse angekommen
Warum konnte das Metaverse die Massen bisher nicht begeistern? „Wir hatten während der Corona-Pandemie einen großen Trend in Richtung digitale Online-Welten. Mittlerweile hat sich das wieder zurückbewegt“, sagt die Informatikerin und Virtual-Reality-Expertin Johanna Pirker, die in München und Graz forscht. Meta habe etwas präsentiert, das noch nicht wirklich ausprobiert werden konnte, meint Matthias Grabner von der Plattform XR Landscape Austria. Es habe die Emotion gefehlt, die notwendig sei, um für neue Technologien zu begeistern.
Ein Grund, warum das Metaverse die Massen nicht erreichte, dürfte darin liegen, dass Meta den Zugang zu seiner Parallelwelt bisher nur mit Virtual-Reality-Brillen gewährte und sie erst seit kurzem auch für Smartphones und Web-Browser öffnete. „Die breite Masse hat Smartphones“, sagt Pirker. VR-Brillen würden es allerdings ermöglichen, ganz anders in virtuelle Welten einzutauchen. „Man ist tief in der Erfahrung drinnen.“
Spiele als Wegbereiter
Wo virtuelle Welten bereits seit Jahren mit oder ohne VR-Brillen funktionieren, sind Computerspiele. Auf Plattformen wie Roblox oder in Spielen wie Minecraft oder Fortnite tummeln sich Millionen Teenager, für die der Austausch in digitalen Welten fixer Bestandteil des Alltags ist. Nicht erst seit den Lockdowns während der Corona-Zeit spielen sie dort gemeinsam und plaudern über ihre Avatare genannten virtuellen Stellvertreter auch miteinander. „Genauso, wie die Teenager früher telefoniert haben“, sagt Pirker.
Lebendige Szene in Österreich
Datenbrillen, die bei der Wartung von Zügen oder bei Gehirnoperationen unterstützen, 3D-Visualisierungen des Mars oder Schuhe, die ihren Trägern realistische Bewegungen in virtuellen Welten ermöglichen. Österreich ist bei Technologien im Bereich der Virtual Reality (VR), mit denen man in virtuelle Welten eintauchen kann, und der Augmented Reality (AR), mit denen die reale Welt mit virtuellen Objekten und Informationen angereichert werden kann, gut aufgestellt.
Das zeigt auch eine vom Community-Projekt XR Landscape Austria erstellte Bestandsaufnahme der heimischen Szene. Die von Matthias Grabner und Clemens Wasner erstellte Landkarte listet zahlreiche Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Start-ups und Initiativen aus dem Bereich auf. Über 100 Projekte befassen sich mit der Entwicklung von VR- und AR-Technologien. Der Großteil davon aus dem Gesundheitsbereich, der Industrie und der Mobilität. Aber auch bei der Stadtentwicklung und in der Bildung wird zum Einsatz der Technik geforscht.
Lange Forschungstradition
Durch Forschungszentren, etwa dem seit 20 Jahren bestehenden Forschungsinstitut VRVis, der TU Wien, der TU Graz oder der JKU Linz habe sich eine extrem tiefe technische Expertise gebildet, sagt Grabner. „Es sind hoch spezialisierte Unternehmen entstanden, die sich in Nischen eingerichtet haben und organisch wachsen.“
Die hohe Expertendichte hat auch dazu beigetragen, dass sich internationale Firmen aus dem Bereich angesiedelt haben. So unterhält das US-Social-Media-Unternehmen Snap ein Forschungszentrum für die Entwicklung von Datenbrillen in Wien. Das sich Österreich zu einem Hotspot für die Technologie entwickelt hat, zeigt auch das Event AWE Europe. Die größte europäische Fachmesse für den Bereich machte kürzlich in Wien Station.