06 Jul Wenn der Euro digital wird
Last Updated on 2023-07-06
Dr. Christine Domforth
Neben Münzen und Scheinen sollen die EU-Bürger bereits in wenigen Jahren auch mit virtuellem Geld bezahlen können. Weltweit basteln zahlreiche Notenbanken an digitalen Währungen, um nicht gegen die immer stärker auftretenden privaten Finanztechnologie-Dienstleister ins Hintertreffen zu geraten. Ob die Bürger den digitalen Euro auch eifrig nutzen werden, bleibt freilich abzuwarten.
Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren viele Bereiche unseres Lebens verändert, ja revolutioniert. Und sie macht auch vor unserem Geld nicht Halt. Die Europäische Zentralbank (EZB) plant, den Bürgern bald ein elektronisches Zahlungsmittel – den digitalen Euro – anzubieten. Vor kurzem wurde das Vorhaben offiziell vorgestellt, bis Ende des Jahres soll darüber entschieden werden. Frühestens ab dem Jahr 2026 könnte dann das digitale Bargeld im gesamten Euroraum zur Anwendung kommt.
Kein Ersatz fürs Bargeld
Ausdrücklich betont wird von den Währungshütern, dass der digitale Euro das „klassische“ Bargeld nicht ersetzen, sondern als weiteres gesetzliches Zahlungsmittel lediglich ergänzen soll. Während wir Münzen und Scheine in unserer Geldbörse aufbewahren, wird das digitale Bargeld in einer elektronischen Geldbörse – einer sogenannten Wallet – landen, in der Praxis vermutlich auf dem Smartphone oder auf einer Karte. Bezahlt werden kann dann per Karte oder mittels einer App. Der digitale Euro, zu dem alle Bürger Zugang haben sollen, würde demnach nicht nur im Onlinehandel, sondern auch offline – also an den Kassen des Einzelhandels – funktionieren. Grundsätzlich braucht man kein Bankkonto, um den digitalen Euro zu nutzen, vermutlich wird man dieses digitale Geld aber bei den Banken und nicht direkt bei der EZB eintauschen können.
Gegen private Konkurrenten wappnen
Die EZB ist übrigens nicht die einzige Notenbank, die ein digitales Zahlungsmittel plant, insgesamt tüfteln dem Vernehmen nach mehr als 100 Länder weltweit an ähnlichen Projekten. Darunter sind die US-Notenbank Fed, die Bank of England, die kanadische Notenbank, die Bank of Japan, die Schweizerische Nationalbank, aber auch die chinesische Zentralbank. Zurückzuführen sind all diese Pläne natürlich auf den generellen Trend zur Digitalisierung, vor allem aber auf die immer stärkere Verwendung privater Finanzdienstleistern wie Apple Pay, Google Pay, Paypal, Klarna, Mastercard, Visa oder die in China von rund einer halben Milliarde Menschen verwendeten Bezahl-Plattform Alipay.
Alarmiert hatte die Notenbanker weltweit nicht zuletzt der vor einigen Jahren lancierte Plan von Facebook, eine eigene Digitalwährung namens Libra oder Diem zu etablieren, die an einen Währungskorb bestehend aus US-Dollar, Euro, Pfund usw. gebunden sein sollte. Daraus ist bisher nichts geworden, die Zentralbanker sahen und sehen aber offenbar Handlungsbedarf, um nicht schrittweise die Kontrolle über das Geldsystem an die immer stärker werdenden privaten Anbieter zu verlieren.
Nicht verwechselt werden darf der digitale Euro mit Bitcoin, Ethereum, Litecoin & Co. Diese werden zwar als Kryptowährungen bezeichnet, sind aber eigentlich Spekulationsobjekte mit extremer Volatilität. Der digitale Euro, der ja eine Form des Zentralbankgelds darstellt, zeichnet sich hingegen durch hohe Sicherheit und Wertstabilität aus.
Das Bezahlen mit dem digitalen Euro soll schnell, sicher und kostengünstig sein, auch der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr wäre damit praktisch in Echtzeit durchführbar. Damit das elektronische Zentralbankgeld den traditionellen Banken nicht allzu viel an Einlagen und damit letztlich die Geschäftsgrundlage entzieht, soll jeder Bürger nur einen bestimmten Betrag davon nutzen können. Gedacht ist an eine Obergrenze von etwa 3.000 Euro.
Viele Fragen sind im Zusammenhang mit dem digitalen Euro noch offen. Wie hoch die Kosten sein werden und wer diese letzten Endes tragen wird muss ebenso noch geklärt werden wie die heiklen Fragen von Anonymität und Datenschutz. Klare Regeln braucht es auch, um zu verhindern, dass das virtuelle Geld missbräuchlich oder zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung etc. verwendet wird.
Österreicher sehr bargeld-affin
Letztlich werden die Bürger selbst entscheiden, wie und womit sie künftig zahlen wollen. Dabei gibt es zwischen den einzelnen Ländern durchaus gravierende Unterschiede. In Schweden wird fast alles mit der Karte bezahlt, Bankomaten gibt es kaum noch, Münzen und Scheine gelten fast schon als Auslaufmodelle und könnten in wenigen Jahren gänzlich abgeschafft werden. Die schwedischen Kinder haben bereits digitale Sparschweine und die Schwedische Reichsbank arbeitet ebenfalls eifrig an einer eigenen Digitalwährung, der E-Krone, die wohl schnell auf hohe Akzeptanz stoßen dürfte.
Österreich und Deutschland sind trotz der zunehmenden Verwendung von Karten nach wie vor echte Bargeld-Hochburgen. Hier schätzt man die Anonymität beim Bezahlen mit Scheinen und wehrt sich gegen die von der EU geplanten Bargeld-Obergrenzen. Selbst Politik wird mit dem Thema gemacht, Parteien wie die FPÖ oder die AfD wollen das Bargeld in der Verfassung verankern.
Im Handel und in der Gastronomie hierzulande kommt es noch immer vor, dass nach der Devise „Nur Cash ist fesch“ ausschließlich Barzahlung akzeptiert wird. Ein Satiremagazin witzelte deshalb kürzlich, dass der digitale Euro in Österreich vielleicht nur in ausgedruckter Form akzeptiert werden könnte…