Whistleblowing als Informationsquelle

Whistleblowing als Informationsquelle

Last Updated on 2022-06-23
Mag. Manfred Kainz

„Was lange währt, wird endlich gut“, heißt es. So gesehen wird das österreichische Whistleblower-Gesetz ein Kracher. Denn eigentlich hätte das Gesetz, das auf einer EU-Richtlinie beruht, schon bis 17. Dezember 2021 (!) kommen müssen. Vorgelegt wurde der Entwurf für ein sogenanntes „HinweisgeberInnenschutzgesetz“ erst jetzt im Juni 2022. Was uns die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens eingebracht hat.

Wozu

Worum geht es bei dem langwierigen Thema? „Zum einen geht es um den Schutz des Hinweisgebers (Whistleblowers) in Sachen unternehmensinterner Verstöße gegen Unionsrecht“, so Dr. Elke Napokoj, LL.M., bei der Jahrestagung Kapitalmarktrecht 2022 von Business Circle. Die Juristin ist Partnerin bei bpv Hügel Rechtsanwälte und betonte, dass solch ein Schutz von Aufdeckern bisher nicht immer selbstverständlich sei. Beispiel Wirecard in Deutschland: Da wurde ein früher Whistleblower unter Druck gesetzt und eingeschüchtert. „Es geht aber auch um das Thema Glaubwürdigkeit des Whistleblowers“, ergänzt die Expertin. Das werde von der Richtlinie sehr thematisiert. Und es gehe um das Thema Belohnung: Sollen verifizierte Hinweisgeber belohnt werden? Das sieht die Richtlinie nicht vor.

Ziele der Richtlinie, an die sich der österreichische Gesetzgeber halten muss, sind die Einführung eines europaweiten Mindeststandards und der Schutz von Hinweisgebern vor Repressalien, um mit vermehrten Meldungen eine höhere Aufklärungsrate von Verstößen zu erreichen. In Österreich sei Whistleblowing negativ behaftet, dabei könne es durchaus konstruktiv sein, meint die Juristin. Der Austro-Entwurf sieht nun vor, dass Unternehmen mit mindestens 50 MitarbeiterInnen und Behörden „interne Meldestellen“ einrichten müssen, so sie eine solche nicht schon haben. Unternehmen mit mindestens 250 MitarbeiterInnen haben dafür ein halbes Jahr nach Inkrafttreten Zeit, kleinere sollen zum Einrichten eine Frist bis Dezember 2023 bekommen.

Wie

Vorgegeben ist ein mehrstufiges Meldesystem: Ein „unternehmensinterner Meldekanal“, ein „externer Meldekanal“ und der „Weg an die Öffentlichkeit“ – wenn nach einer internen oder externen Meldung unbegründet keine Maßnahmen ergriffen wurden oder „Gefährdung des öffentlichen Interesses“ besteht.

Besonders die konkrete Ausgestaltung des internen Meldekanals ist (wird) verantwortungsvolle Aufgabe guter Governance. Denn das Geltungsgebiet von Whistleblowing-RL und -Gesetz geht über die schon lange gültigen Anti-Marktmissbrauchsregeln (MAR: Market Abuse Regulation) hinaus: Zwar schützt auch Artikel 32 MAR Whistleblower vor Repressalien und Diskriminierungen, aber der persönliche und sachliche Anwendungsbereich ist enger, so Juristin Napokoj.

Wichtig

Betroffen von internen Meldungen kann auch die Ad-Hoc-Publizität sein. Krasses Beispiel: Hinweis(e) auf Verdacht auf Bilanzmanipulation. Wenn sich nach Plausibilitätsprüfung und ggf. nach Einleitung einer internen Ermittlung bei begründetem Verdacht dieser erhärtet, besteht die Pflicht zu einer „unverzüglichen“ Ad-hoc-Meldung.

„Bei (börsenotierten) Gesellschaften wird es Anpassungsbedarf für Hotlines u.ä. geben“, erwartet Juristin Napokoj. Und die renommierte Gesellschaftsrechtsexpertin Univ.-Prof. Susanne Kalss ergänzte bei der Kapitalmarktrechts-Jahrestagung: Gut kanalisiertes Whistleblowing könne eine „wichtige Informationsquelle für den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates“ sein. Dieser könnte einen Ad-Hoc-Ausschuss zur Bearbeitung einsetzen.