„Wir sind keine Schönwetterbank“

„Wir sind keine Schönwetterbank“

Last Updated on 2021-04-15
noen.at / Christian Feigl und Philipp Grabner, 28.03.2021

Sparkassen-Vorstandsdirektorin Gertrude Schwebisch über Geld, Führungsstil, Corona und die Zukunft des Geldinstituts.

NÖN: Sie sind seit fünf Jahren die erste Frau an der Spitze der Sparkasse Neunkirchen und leiten gemeinsam mit Peter Prober die Geschicke der Bank. Wer von Ihnen beiden hat eigentlich das Sagen?
Gertrude Schwebisch: Wir sind gleichberechtigt und machen das wunderbar zu zweit. Das ist auch der Sinn der Zweierführung in den Sparkassen.

Und wer hat das letzte Wort?
Schwebisch: Das ist unterschiedlich. Ich verantworte das Kundengeschäft und das Marktgeschehen, Peter primär die Regulatorik. Wir müssen uns einig werden und gemeinsam führen. Und wir haben ja auch ein Management hinter uns.

Wie war es anfangs für Sie, als Frau in eine eher männerbesetzte Domäne einzudringen?
Schwebisch: Ich bin seit 25 Jahren im Sparkassensektor und habe immer mit Männern und Frauen zusammengearbeitet. Unser Zugang ist klar: Wir brauchen die besten Köpfe für unsere Sparkasse, egal auf welcher Ebene. Ich persönlich hatte jedenfalls nie das Gefühl, mich irgendwie durchkämpfen zu müssen – ich glaube, dass das manchmal auch ein wenig überbewertet wird, ob da eine Frau oder ein Mann an der Spitze steht. Historisch ist es in manchen Bereichen halt etwas seltener gewesen. Neben der Frau Bezirkshauptfrau haben wir ja auch beim Arbeitsmarktservice und in der Wirtschaftskammer eine Frau an der Spitze – eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein.

Was ist das Schöne an Ihrem Job und was das Unangenehme?
Schwebisch: Das Schöne – und deswegen habe ich mich ja auch beworben – ist die Vielfalt der Tätigkeiten und dass wir als Vereinssparkasse gemeinwohlorientiert sind. Wir sind für die Menschen und Unternehmen in der Region da. Wir sind sicherlich keine Schönwetterbank, sondern eine nachhaltige Bank, die auch schwierige Zeiten, wie aktuell Corona, durchsteht. Nicht schön ist, wenn man mit zu viel Bürokratie konfrontiert ist.

Wie verschaffen Sie sich persönlich Gehör?
Schwebisch: Durch Arbeiten und Leistung, durch Zuhören und miteinander tun.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?
Schwebisch: Sehr team-, aber auch zielorientiert.

Manche meinen auch, Sie seien streng – trifft das zu, beziehungsweise muss man manchmal auch streng sein?
Schwebisch: Ich weiß nicht, wie Sie streng definieren. Klar ist natürlich, dass man in einer Führungsfunktion nicht immer nur nett, lieb und brav sein kann. Manchmal muss man auch unangenehmere Entscheidungen treffen und manchmal muss man auch mit den Rahmenbedingungen umgehen. Der Job ist kein Urlaub, er ist Beruf.

Nach der Finanzkrise haben wir nun die Corona-Krise. Die Zinsen sind auf tiefstem Niveau. Warum sollte heute noch jemand sein Geld auf die Bank tragen?
Schwebisch: Weil es sicher ist bei uns und weil wir auch keine Negativzinsen haben. Natürlich versuchen wir nicht nur, Spareinlagen zu bekommen, sondern bieten auch gemischte Fonds oder Ähnliches an. Damit kann sich auch die normale Bevölkerung ein Vermögen aufbauen. Ich glaube, eine Mischung macht es aus – über Jahre nur auf das Sparbuch zu setzen, ist nicht so gut.

Welche Möglichkeiten von Veranlagungen nutzen Sie persönlich?
Schwebisch: Ich habe meine Wohnung sowie ein Haus in der Region gekauft. Für das Tägliche habe ich Sparkonten und abseits dessen eine gemischte Fonds-Situation. Ansonsten schaue ich, dass ich Geld unter die Leute bringe und bewusst in den kleinen Geschäften vor Ort einkaufe. Und wenn man Kinder hat, bleibt ja sowieso nicht so viel übrig (lacht).

Stichwort Corona: Viele Dienstnehmer schildern, dass sich Kunden mitunter unangenehmer, fordernder, teils sogar aggressiver verhalten. Bemerken Sie das auch?
Schwebisch: Generell bemerken wir eine hohe Zufriedenheit in der persönlichen Beratung. Unsere Filialmitarbeiter sagen aber schon, dass sie eine gewisse Unzufriedenheit wahrnehmen – nicht mit der Sparkasse, sondern mit der Situation insgesamt. Nirgendwo bekommt man einen Kaffee, die Thermen haben zu und so weiter. Die Mitarbeiter vor Ort bekommen das oft als erste mit.

Wie gehen Sie mit dem Virus um, werden Sie sich impfen lassen?
Schwebisch: Ich lasse mich sicherlich impfen, sobald ich dran bin, werde mich aber natürlich nicht vordrängen. Wir testen in der Bank auch einmal pro Woche und halten viele Besprechungen digital ab. Wir hatten übrigens während der Krise keinen einzigen Tag geschlossen!

Etliche Mitbewerber schließen Filialen oder stellen auf Selbstbedienungs-Standorte um. Plant auch die Sparkasse derartiges in den nächsten fünf Jahren?
Schwebisch: Unser Zugang ist ganz klar: Wir wollen in der Fläche bleiben. Natürlich muss nicht jede Beratung überall sein, aber unsere Kundenbetreuer fahren auch mal raus und machen Termine vor Ort. Filial-Schließungen stehen jedenfalls nicht am Programm. Aber natürlich evaluieren wir regelmäßig, ob es geänderte Kundenbedürfnisse gibt. Aktuell diskutieren wir etwa, ob wir nicht in Grimmenstein unsere Filiale neu positionieren wollen, nachdem hier ein neues Gemeindezentrum entsteht.

Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf Jahren?
Schwebisch: Ich habe eigentlich schon vor, hier weiterzumachen und die Sparkasse positiv weiterzuentwickeln.

Und wo sehen Sie die Sparkasse in fünf Jahren?
Schwebisch: Die Sparkasse wird ihre Position als größtes Finanzleistungsunternehmen im Bezirk festigen. Sie wird relevant für die Bevölkerung und die Unternehmen in der Region sein.

Quelle: Neunkirchen – Schwebisch: „Wir sind keine Schönwetterbank“ – noen.at